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Frieden im Kinderkopf


Eintrag vom: 17. 10. 2017

Kriegsschauplatz Gehirn | Bindung und Selbstberuhigung durch das Traumahelferkonzept

Loew: Kriegsschauplatz Gehirn 2017

Hunderttausende traumatisierte Kinder und Jugendliche wurden in Deutschland aufgenommen. Den wenigsten von ihnen, die unter den Folgen von inneren Horrorbildern und aufgewühlten Emotionen leiden, kann im psychotherapeutischen Einzel-Versorgungssystem durch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder Kinderpsychiatern geholfen werden. Hierfür fehlen einfach die Kapazitäten. Thomas Loew, Professor an der Universität Regensburg, schlägt daher vor, dass Mediziner und Psychologen nicht darauf beharren sollten, dass nur ihre Profession für Hilfe zuständig ist. Stattdessen können Ehrenamtliche –  „Laien“ ohne Approbation – zur Therapiehelfern geschult werden. Jeder Laienhelfer kann so Einzel- oder sogar Gruppenbetreuungen von Kindern durchführen. Mehrere geschulte Traumahelfer oder Traumacoaches werden jedoch jeweils von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aus dem Hintergrund betreut. Loew hat für das Hilfskonzept ein Schulungs- und Trainingsprogramm für die zukünftgen Helfer – sozusagen sepzialisierte Coaches – entworfen, das Elemente der Spieltherapie enhält (Sandspiel mit Figuren, ähnliches Konzept Psychodrama mit Figuren) sowie Gesprächselemente, Körpertherapieübungen, Imaginationstraining und Stressreduktionsmethoden. Seit etwa 25 Jahren forscht Loew auf dem Gebiet der Traumatherapie, der Bewusstseinsforschung (Hypnose-Grundlagenforschung) und der kinischen Forschung im Bereich der Psychotherapie und Psychosomatik; besonders mit der Methode Hypnose. Er ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für ärztliche Hypnose und Autogenes Training e. V. (DGÄHAT).

DVD von Michael Mayer, Filmgruppe München

„Die Flüchtlingskrise ist in allen Köpfen. Millionen seien schon da, Millionen sollen noch kommen. Vergleiche drängen sich auf: 1945, aber auch 1992, im ersten Fall ebenfalls eine 7-stellige Zahl von Menschen, im Zweiten immerhin über 200.000. Reicht warmes Essen, ein Dach über dem Kopf und eine mittelfristige Perspektive? Wie umgehen mit dem Erlebten: Bedrohung, Misshandlungen, Folter, Flucht, Vertreibung. Schwamm drüber und neu anfangen? In dem hier gekürzten Vortrag wird für Laien verständlich erklärt, wie menschliche Gehirne biologisch ausgestattet sind, um Herausforderungen und Belastungen in sozialer Gemeinschaft zu bewältigen und welche Veränderungen und Konsequenzen Verbrechen, Kriegshandlungen und Katastrophen zur Folge haben. Zunächst nicht verständliche Gefühlsregungen oder Verhaltensweisen werden so nachvollziehbar. Auf dieser Basis können wir überlegen und vielleicht auch anbieten, was die tief verletzten Seelen brauchen, um wieder richtig ins Leben zurückfinden zu können. Der Vortragende, Thomas Loew ist Arzt und seit 17 Jahren Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Chefarzt am Universitätsklinikum Regensburg; er beschäftigt sich schon sein halbes Leben mit der Traumathematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln, ob es Folgen von Kriegshandlungen, anderen individuellen Katastrophen oder interaktionelle Probleme seien und mit deren Behandlung. Er versteht es komplizierte neurowissenschaftliche Sachverhalte in verständliche, alltagsnahe Metaphern zu übersetzen.“ (Filmgruppe München)

Das Traumahelfer-Konzept wird aktuell erforscht, zeigt jedoch von Beginn an sowohl bei den Kindern als auch bei den Helfern deutlich positive Wirkung. Neben der spezifischen Sandspiel-Therapie (auch Laien können sehr effektive Therapie anbieten in diesem Konzept), kommen natürlich auch sogenannte unspezifische Wirkfaktoren zum Tragen: Im Vordergrund steht hierbei eine vertrauensvolle Bindung, die aufgebaut wird. Doch die betroffenen Kinder erlernen viele Tools, die auch „gestressten normalen“ Menschen sehr helfen könnten, wie Selbstberuhigung, Fokussierung, emotionale Notfalltechniken, Basisfertigkeiten der Körpertherapie (sich selbst wiegen beispielsweise) und vieles, vieles andere. Das wichtige Konzept wird nun durch Prof. Loew auch im Ausland bekannt gemacht, damit auch dort Kinder in Kriegsgebieten, Slums und anderswo von diesem Gruppenkonzept profitieren können, das durch die konsequente Schulung und Einbindung von Laien viele Kinder erreichen kann, die sonst keinerlei Chancen auf Hilfe hätten.

 

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